Urlaub auf Kreta

Deutsche Fassung   English version
Insel Kreta: Lageplan

Dass Kreta die fünftgrößte Insel im Mittelmeer ist und wie lang und breit sie ist, erzählt man Ihnen auf Hunderten (wenn nicht Tausenden) langweiliger Kreta-Webseiten.

Sehen wir uns deshalb lieber ein paar andere Dinge an, auf die man nicht überall stößt, die aber für den Kreta-Urlaub wissenswert sein können. Insbesondere dann, wenn man ihn nicht nur im Hotel und am Strand verbringt, sondern mit einem ▶ Mietwagen die Insel erkunden möchte, um Land und Leute kennenzulernen.

Kreta liegt am Südrand der Hellenischen Kontinentalplatte (Jawohl! Wir haben unsere eigene Kontinentalplatte!). Diese liegt ungünstigerweise genau zwischen der Afrikanischen Platte, die seit ein paar Millionen Jahren nach Norden wandert, und der Eurasischen Platte, die eher ortsfest ist. Dadurch gerät die Hellenische Platte erheblich in Bedrängnis.

▶ Kastelli Kissamos im Westen der Nordküste
Kastelli Kissamos: Blick über die Bucht auf die Stadt
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Dia-Show | Kastelli Kissamos: Blick über die Bucht auf die Stadt

Was sich aus geologischer Sicht so sachlich anhört, hat in der Praxis weitreichende Folgen. Der südliche Kontinental-Schelf der Hellenischen Platte wurde aus dem Meer hochgedrückt. Dabei entstand eine Insel mit einer ganzen Reihe mächtiger Gebirge, die man heute Kreta nennt.

Die beiden höchsten Berge Kretas, der Timios Stavros im Ida-Gebirge und der Pachnes in den Lefka Ori, sind über 2.450 Meter hoch. Sie sind aber nur wenige Kilometer vom Meer entfernt, und sie bestehen aus nichts als Meeresboden, der über die Oberfläche gedrückt wurde. Deshalb findet man selbst hoch in den Bergen an jeder Ecke fossile Meeresbewohner wie Muscheln, Schnecken, Seeigel usw.

Die Gebirge Kretas bewirken eine Aufteilung der Insel in mehrere voneinander ziemlich unabhängige Kleinst-Klimazonen. Ganz allgemein ist der Westen der Insel grüner als der Osten, weil all die Gebirge den von Westen heranziehenden Regen einsammeln. In jedem Tal findet man deshalb eine andere Zusammensetzung der Vegetation als im nächsten.

▶ Chania an der westlichen Nordküste
Chania: Hafeneinfahrt und Insel Thodorou
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Dia-Show | Chania: Hafeneinfahrt und Insel Thodorou

Diese Unterschiede in der Vegetation haben einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg der Landwirtschaft in dem jeweiligen Tal, und damit auch auf die Menschen, die dort leben. So gilt z.B. das Amari-Tal südlich der Hafenstadt Rethymnon als sehr fruchtbar, und die Bevölkerung dort gilt als viel gemütlicher als in manchen anderen Gegenden Kretas.

Im Gegensatz dazu soll die Stadt Ierapetra an der östlichen Südküste in der Antike sogar ein Piraten-Standort gewesen sein: Aus bitterer Not heraus, denn dort kommt nicht viel Regen an. Derzeit gibt es eine ähnliche Situation am Horn von Afrika bzw. in Somalia.

Heutzutage sind aber westlich von Ierapetra riesige Flächen von Gewächshäusern bedeckt. Es gibt dort einen künstlichen See, der die Wasserversorgung der Landwirtschaft sicherstellt, und Ierapetra deckt heute einen großen Teil des Bedarfs an Obst und Gemüse ganz Griechenlands. So ändern sich die Zeiten.

▶ Rethymnon an der westlichen Nordküste
Rethymnon: Festung und Hafen
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Dia-Show | Rethymnon: Festung und Hafen

Ein weiterer Grund für die kulturelle Vielfalt, die man auf Kreta antrifft, liegt in der jüngeren Geschichte. Im Zuge der Entflechtung der türkischen und der griechischen Nation geriet Kreta von 1898 bis 1908 unter die Verwaltung der damaligen Großmächte Italien, Russland, Großbritannien und Frankreich.

Die Insel wurde in 4 Zuständigkeits-Bezirke unterteilt, und die heutigen 4 Verwaltungsbezirke sind mit diesen immer noch weitgehend identisch. Hierdurch existieren in den 4 Sprachen der damaligen Schutzmächte auch heute noch ganz individuelle Namen für viele Orte auf der Insel, z.B. auf Französisch "La Canee" für Chania, und auf Russisch "Xersones" für Hersonissos.

Sehr viel prägender für die heutige kretische Kultur war allerdings die Zugehörigkeit der Insel zur Republik Venedig von 1204 bis 1645. Noch heute ist der Karneval in Rethymnon eines der wichtigsten Ereignisse im Jahresablauf, obwohl der Bezirk Rethymnon von 1898 bis 1908 keineswegs von der italienischen Schutzmacht betreut wurde, sondern von der russischen.

▶ Spili im Westen der Insel
Spili: Blick von Osten
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Dia-Show | Spili: Blick von Osten

Die 4 Verwaltungsbezirke von West nach Ost:

Die Hauptstadt des Verwaltungsbezirkes Chania ist die Hafenstadt Chania. Sie verfügt in der benachbarten Souda-Bucht über den größten natürlichen Hafen im Mittelmeer, und auf der Halbinsel Akrotiri über einen internationalen Verkehrsflughafen.

Daneben gibt es im selben Bezirk eine weitere Stadt, nämlich die Hafenstadt Kastelli Kissamos, die ebenfalls an der Nordküste liegt.

Es folgt der Verwaltungsbezirk Rethymnon mit seiner gleichnamigen Hauptstadt, der Hafenstadt Rethymnon an der Nordküste.

Die zweite Stadt in diesem Bezirk heißt Spili, und mit weniger als 1.000 Einwohnern ist sie die kleinste Stadt auf Kreta. Aber sie verfügt über einen Bischofssitz mit Priester-Seminar, ein Postamt, eine Apotheke, eine Grundschule, sogar über ein Gymnasium und viele weitere Einrichtungen. Denn Spili ist das Zentrum der Südhälfte des Bezirks Rethymnon mit einem entsprechend großen Einzugsgebiet.

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An den Verwaltungsbezirk Rethymnon schließt sich östlich der Bezirk Heraklion an, dessen Hauptstadt die Inselhauptstadt Heraklion ist. Sie liegt wiederum an der Nordküste, und ihr Hafen ist der mit dem größten Warenumschlag auf Kreta. Ein paar Kilometer östlich der Stadt liegt der größte internationale Verkehrsflughafen der Insel.

In der Südhälfte des Bezirks Heraklion liegt die Stadt Mires ("Moires"), die zweitkleinste Stadt der Insel. Mit rund 6.000 Einwohnern ist sie das wirtschaftliche und administrative Zentrum der Messara-Tiefebene.

▶ Heraklion an der mittleren Nordküste
Heraklion: Löwenbrunnen - Nahaufnahme
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Dia-Show | Heraklion: Löwenbrunnen - Nahaufnahme

Wenige Kilometer entfernt liegen die Ruinen der Stadt Gortys, die während der römischen Besatzungszeit die Hauptstadt Kretas war. Unterschiedliche Quellen sprechen von 40.000 bis 80.000 Einwohnern. Eine Quelle nennt sogar 300.000 Einwohner, aber da hat wohl die Null auf der Tastatur geklemmt, denn der Kunstdünger wurde ja erst 2.000 Jahre später erfunden.

Der östlichste Verwaltungsbezirk heißt Lassithi, nach der gleichnamigen Hochebene, die im Süden vom Dikti-Gebirge und im Norden von den Selena-Bergen eingefasst wird. Er umfasst gleich 3 Städte, die sich allerdings alle ziemlich weit östlich von Lassithi befinden.

Die Bezirkshauptstadt heißt Agios Nikolaos. Sie liegt an Westufer der Mirambelou-Bucht und hat gleich drei Häfen. Am östlichen Ende der Nordküste liegt die kleine Hafenstadt Sitia mit dem dritten Verkehrsflughafen der Insel, der überwiegend für Inlandsflüge genutzt wird.

▶ Agios Nikolaos an der östlichen Nordküste
Agios Nikolaos: Blick von Istro
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Dia-Show | Agios Nikolaos: Blick von Istro

Die dritte Stadt im Verwaltungsbezirk Lassithi ist die schon weiter oben erwähnte Hafenstadt Ierapetra. Sie ist nach Einwohnern zwar die größte Stadt des Bezirks, liegt aber an der Südküste und somit außerhalb der aktuellen Verkehrswege, die auf die Nordküste und auf das griechische Festland ausgerichtet sind.

Das war nicht immer so. In der Antike und insbesondere nach der Blütezeit Athens liefen die Schifffahrtsrouten zwischen Italien und Ägypten an Kretas Südküste entlang, und mehrere Häfen dort waren wichtige Warenumschlagplätze. Bei Matala am Ufer der Messara-Tiefebene hatte die Inselhauptstadt Gortys einen der wichtigsten Häfen im östlichen Mittelmeer, ein weiterer befand sich südlich von Gortys in der Bucht des heutigen Dorfes Lendas.

▶ Sitia im Osten der Nordküste
Sitia: Morgenlicht
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Dia-Show | Sitia: Morgenlicht

Neben den historischen Einflüssen gibt es auch noch eine Reihe von prähistorischen. Allerdings sind diese nicht ganz exakt festzumachen, solange die bei den Ausgrabungen aufgefundenen Schriften noch zu entziffern sind.

Oder anders gesagt: Sobald es den Archäologen gelingt, die bisher ausgegrabenen Linear-A-Schriften zu entziffern, wird die Minoische Kultur von einer prähistorischen zu einer historischen Kultur werden, und damit zu einer der ältesten historischen Kulturen überhaupt.

Bis dahin bleibt Kreta die Insel, auf der Göttervater Zeus geboren wurde, und auf der die Bewohner auch heute noch stundenlang darüber diskutieren können, in welcher Höhle er denn nun vor seinem Vater Kronos versteckt und aufgezogen wurde. Sie bleibt die Insel, auf die Zeus später die schöne Europa aus Kleinasien entführte, zu welchem Zweck er sich in einen Stier verwandelte, der im Zusammenhang mit Kreta auch heute noch an allen Ecken auftaucht.

▶ Ierapetra an der östlichen Südküste
Ierapetra: Blick von Livadi
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Dia-Show | Ierapetra: Blick von Livadi

Und sie bleibt die Insel des Königs Minos und seines ungeratenen Stiefsohnes, des Minotaurus in seinem Labyrinth, und die Insel von Dädalus und Ikarus, die mit selbst gebastelten Flügeln der Gefangenschaft auf Kreta entkamen.

Seit in den Jahren von 2002 bis 2004 bei Goseck in Sachsen-Anhalt das 6.900 Jahre alte keltische Sonnenobservatorium komplett ausgegraben wurde, gilt Kreta zwar nicht mehr als die Wiege der europäischen Zivilisation. Aber über die schöneren Mythen verfügt die Insel allemal.

Text: Ingo H. Dietrich
Fotos: Sabine Klingsporn, Rolf König, Matthias Konopka, Holger Nordhoff + Ingo H. Dietrich

Mehr über Kreta steht bei ▶ creta.online.

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